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Vor meinem Auslandssemester hatte ich mich auf das PROMOS Stipendium beworben. Bedauerlicherweise bekam ich keine Zusage. Durch meine Kommilitonen in Taiwan bekam ich jedoch vor Ort mit, dass man bei der Gastuniversit?t nach einem Stipendium h?tte fragen k?nnen. Dieses wurde praktisch bedingungslos genehmigt und umfasste eine monatliche Zahlung von knapp 600 Euro.
Die NTHU ist nur etwas über 100km von Taipei entfernt. Ein preiswerter Bus (4 Euro) f?hrt alle 10-15 Minuten vor dem Campus ab. Die Universit?t ist demnach gut angebunden. Nahezu alle angrenzenden St?dte, sprich Tapei und Tainan, lassen sich von hier erreichen. ?ffentliche Verkehrsmittel werden in ganz Taiwan mit dem Studentenausweis gezahlt. Diesen bekommt man natürlich von der Universit?t. Aufgeladen wird er in s?mtlichen Convenience Stores. Wer schonmal in Südostasien war der wei?, dass sich 711s und Family Marts an jeder Stra?enecke befinden. Auf dem Campus findet man gleich mehrere.
Zur Stadt Hsinchu: die gesamte Stadt baut auf dem Reichtum des Global Players TSMC auf. Zum Bedauern der Studierenden gibt es praktisch kein Nachtleben. Wer eine Innenstadt sucht wird vermutlich ebenso wenig fündig. Anstelle einer Innenstadt gibt es eine 6 St?ckige Mall, in der man am Wochenende dazu angehalten wird Geld für Luxusprodukte auszugeben. In der Stadt bewegt man sich gerne mit U-Bikes, dem taiwanesischen Equivalent zum deutschen Nextbike. Dieses wird ebenfalls mit dem Studierendenausweis ausgeliehen. Eine Stunde Fahrradfahren kostet knapp 1 Euro. Spa? macht eine solche Fahrt jedoch wenig, da die Stadt für Autos konzipiert ist. Radwege gibt es kaum. Auch Gehwege oder Rollerparkpl?tze für Scooter sind au?erhalb des Campus kaum vorhanden.
Strasse in Hsinchu
Foto: Student, Uni JenaTempel
Foto: Student, Uni JenaDie NTHU stellte mir ein Zimmer in einem der Wohnheime zur Verfügung. Dieses teilte ich mir mit einem Studenten aus China. Dusche und Toilette teilten wir uns mit zwei weiteren Studenten. Das Badezimmer war meistens nicht besonders sauber, da die Universit?t keine Reinigungsmittel zur Verfügung stellte und nur unregelm??ig bzw. zu selten geputzt wurde. Für die Klimaanlage und Strom kam man selbst auf. Manche Klimaanlagen waren in der Lage den Raum auch zu beheizen. Kleidung wusch man im kommunalen Waschraum. Hierfür wurden eine Waschmaschine, ein Trockner und W?scheleinen zur Verfügung gestellt. Insgesamt zahlte man für ein Semester rund 600 Euro Miete. Eine Küche gab es nicht. "Kochen" konnte man nur mit dem Hei?wasserspender der uns gleichzeitig mit Trinkwasser versorgte.
Kochen wurde schnell zum Luxus, den man sich nicht leisten brauchte. Auf dem Campus gab es drei unterschiedliche Foudcourts mit je 10 Restaurants. Hinzu kamen ein normales Buffet und ein überdurchschnittlich gutes vegetarisches/veganes Buffet. Ich m?chte an dieser Stelle betonen, dass ich in den Monaten in Asien selten besser gespeist habe als in ebendieser Mensa. Sie war praktisch nicht zu übertreffen. Die Foodcourts und Mensen waren an Sonntagen oft geschlossen. Au?erhalb des Campus fand man eine Vielzahl fantastischer Restaurants, in denen man zu niedrigen Preisen (2-4 Euro) satt wird. Viele Taiwanesen lassen sich ihr Essen auch vor das Dorm liefern.
Tempelfest
Foto: Student, Uni JenaSonntagabend versorgt auch mal der 711 den Campus. Es wird kein Alkohol auf dem Campus verkauft. Alkohol ist auf dem Campus auch verboten. Taiwanesische Studierende trinken nach meinem Empfinden auch praktisch keinen Alkohol. Auch gemeinsame Feiern auf dem Campus blieben weitestgehend alkoholfrei. Ein gro?er Pluspunkt der NTHU sind die Vielzahl der Sportanlagen. Neben zwei Schwimmb?dern mit je einer 50 Meter Bahn (Eintritt 1 Euro) und zwei Tartanbahnen für Laufsport und Leichtathletik gibt es auch ein Gym (10 Euro Semesterpreis), eine Tischtennishalle (mittwochs offen für alle, Zubeh?r gibt es im Verleih), mehr als genug Basketballpl?tze (Mieten erforderlich), Tennispl?tze, Fussball- und Volleyballpl?tze. In meinem Semester in Taiwan habe ich sicherlich mehr Sport getrieben als je zuvor. Sport diente in erster Linie als Ausgleich, da ich die meiste Zeit auf dem Campus verbracht habe und mich nur wenige Meter zwischen Dorm, Bücherei und Foodcourts bewegt habe. In unserer Freizeit trieben meine Freunde und ich also meistens gemeinsam Sport oder mieteten einen der Kinos?le der Bücherei.
Bevor ich meine Campuserfahrung abschlie?e, m?chte ich einige Worte zur Lehre der NTHU schreiben. Mit meiner F?cherkombination Englisch und Informatik bekam ich einen interessanten Einblick in unterschiedliche Fachrichtungen. Ohne ins Detail gehen zu wollen, l?sst sich grunds?tzlich sagen, dass ein Studium an der NTHU (event. allgemein: Taiwan) mit einer anderen Art von Aufwand verbunden war, als ich es aus Deutschland kannte. Viele Seminare und Vorlesung?verteilten w?chentliche Hausaufgaben. Der Schwierigkeitsgrad der Hausaufgaben verlief von sehr leicht bis fragwürdig anspruchsvoll. Auch die Sinnhaftigkeit der Aufgaben lie?e sich sicherlich hinterfragen. In jedem Fall war jedoch die Woche komplett gefüllt und ich verbrachte Montag bis Sonntag meistens in der Bücherei. Lernen brauchte ich derweile fast nicht, da sich der Aufwand meiner F?cher vollst?ndig auf die w?chentlichen Aufgaben oder Abschlussprojekte verteilte. Das Semester dauert happige 18 Wochen an. Pausen gab es dabei keine, weder Ferien noch Feiertage da sich Dozierende an Feiertage auch dafür entscheiden konnten, eine Vorlesung zu halten. Vorlesungen waren meist Pflicht und Namenslisten machten oft 10% der Gesamtnote aus.
Abschlie?end l?sst sich sagen, dass sich die Zeit an der NTHU sehr repetetiv angefühlt hat. Mein Semester alá Groundhog Day war anstrengend und monoton. Die guten Freunde, die ich vor Ort kennengelernt habe, machten aus der Zeit trotzdem etwas besonderes. Neben dem üblichen Freundeskreis aus Deutschen, den man sich im Ausland schnell anlacht, trifft man natürlich auch viele Taiwanesen. Obwohl weniger Taiwanesen Englisch sprachen, als ich es erwartet h?tte (eventuell auch zurückhaltend), waren sie immer überdurschnittlich herzlich und neugierig, teilten gerne, was sie hatten, und zeigten sich hilfsbereiter und gastfreundlicher als jedes andere Land, welches ich bisher besuchen durfte. Wie für jede Auslandserfahrung gilt demnach wahrscheinlich: besonders wird die Zeit nur durch die Leute, die man kennenlernen darf.
Yushan
Foto: Student, Uni Jena