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Anlage 2: Die NS-Zeit von Petersens Wirken

Vorbemerkung

Die vom Bürgermeister Frank Schenker geleitete Arbeitsgruppe zur Vorbereitung und Auswertung der beiden ?ffentlichen Podiumsdiskussionen in der Rathausdiele regte an, die Petersen be- oder entlastenden Fakten seines Wirkens in der NS-Zeit gegenüberzustellen. Das geschieht in dieser Anlage tabellarisch durch Listen relevanter Fakten ohne wertende Einordnung. Dabei sind vorrangig solche Sachverhalte ausgew?hlt, die in der bisherigen Debatte und in den Medien thematisiert und kontrovers beurteilt worden sind und die beim gegenw?rtigen Forschungsstand als wissenschaftlich gesichert angesehen werden k?nnen.

Tabellarische Zusammenstellung der gegen oder für Petersen sprechenden Sachverhalte seines Wirkens in der NS-Zeit

Gegen ihn

Für ihn

Wie viele Hochschullehrer befürwortet Petersen nach den Reichstagswahlen vom 5. M?rz 1933 die? Kanzlerschaft Hitlers, weil "jetzt die Nationale Bewegung zur Macht gekommen" sei, worauf man sich einstellen müsse. Wie die meisten seiner Kollegen schweigt er zu den Gewaltakten, Terror- und "Schutzhaft"-Praktiken des neuen Regimes wie zu den "politischen und rassischen S?uberungen" im Lehrk?rper.

Mit ausgedehnten Vortragsreisen tr?gt Petersen dazu bei, das "Dritte Reich" im Ausland aufzuwerten. So nehmen zumindest emigrierte Bildungspolitiker und Schulreformer seine nach 1933 anhaltenden intensiven Arbeitskontakte zu Berufskollegen in ganz Europa, in den USA, in Südamerika und in der Südafrikanischen Union wahr. ?ber seine Vortragsreise durch die Südafrikanische Union 1937 verfasst Petersen einen pronationalsozialistisch und antisemitisch eingef?rbten Bericht.

Im? April 1933 bespricht Petersen in der Zeitschrift "Blut und Boden" eine antisemitische Schrift zustimmend im Sinne gesellschaftlich ausgrenzender Judenpolitik: die kulturelle Assimilation des Judentums sei gescheitert; nur dessen "Rückbesinnung auf die eigene Art" führe zur "Gesundung", wie sie ja "im Zionismus mit bestem Erfolg bereits erfolgt" sei.

Im Sommer 1933 startet Petersen im Kreis Lübbecke zusammen mit Regierungs- und Kreisschulr?ten ein "westf?lisches Jenaplan-Landschulprojekt". Bis 1935 stellen zwei Drittel (über 40) der dortigen Volksschulen ihre Arbeit auf den Jenaplan um. Das Projekt scheitert am Widerstand regionaler Funktion?re des NS-Lehrerbundes und an der Intervention des Reichserziehungsministeriums 1935/36. Die Schulen müssen wieder vom Jenaplan abrücken. Danach ist nur noch die Universit?tsschule in Jena nach dem Jenaplan t?tig.

Auf einer landschulp?dagogischen Tagung Ende 1933 in Lübbecke behauptet Petersen, die neue Erziehungswissenschaft sei "offen für alles, was Rasse, Erbgut und biologische Grundlagen der Erziehung" angehe. Zugleich bekennt er sich in Widerspruch zu eugenisch-rassenhygienischen NS-Doktrinen zur Integration f?rderbedürftiger Kinder in die Normalschule

1934 ver?ffentlicht Petersen? in der Zeitschrift des NS-Lehrerbundes den Aufsatz "Bedeutung und Wert des Politisch-Soldatischen für den deutschen Lehrer und unsere Schule"; sie müsse auf "Führung", "Befehl" und "Gehorsam" ausgerichtet sein, aber ohne "formale Zucht", ohne Drill und im Sinne Goethes durch einen "geheimen Geist" belebt, der nach? "einem einzigen gro?en Ziel" hinleite. Mit diesem gedanklichen Spagat verleugnet Petersen seine früheren Prinzipien der "Toleranz" und der "欧洲杯投注地址_明升体育-竞彩足球比分推荐it?t" und nimmt zugleich seine Universit?tsschule mit ihren eigenen Ritualen von den neuen Postulaten aus.

Der 1934 ver?ffentlichte dritte Band der 1930 begonnenen Reihe "Die Praxis der Schulen nach dem Jena-Plan" ("Gro?er Jenaplan") weist einzelne "braune Zonen" (Hein Retter) auf und versucht im Vorwort, die "deutsche Bewegung der 'Neuen Erziehung'" nachtr?glich zum "v?lkischen Vork?mpfer für eine wahrhafte deutsche Schule" zu stilisieren.

Petersens 1935 ver?ffentlichter Aufsatz "Die erziehungswissenschaftlichen Grundlagen des Jenaplanes im Lichte des Nationalsozialismus" und die Schrift D?pp-Vorwalds "P?dagogischer Realismus als Gegenwartsaufgabe" (1935) verkünden einen "v?lkischen Realismus" der "neuen deutschen Erziehungswissenschaft". Sie weisen dem Jenaplan-Konzept einen ma?geblichen Platz im NS-Schulsystem zu. Dabei erliegen sie dem Irrtum, das auf rassistische Praktiken und auf rasche Kriegsbereitschaft ausgerichtete NS-System sei ein "gro?es v?lkisches Erziehungsgeschehen" (D?pp-Vorwald), das ihrer ma?geblich bedürfe.

Petersen knüpft pers?nliche Netzwerke zu einzelnen NS-Protagonisten, von denen einige ihre Kinder auf die Universit?tsschule schicken sowie zu NS-Gremien auf Gauebene.

Im Bündnis mit dem NS-Rektor Meyer-Erlach (1935/37) und dem Gauführer des NS-Studentenbundes verfolgt Petersen 1935/36 das Konzept einer deutschchristlich, erziehungs- und geisteswissenschaftlich gepr?gten "politischen Universit?t". Gleichsam als Programmschrift ver?ffentlicht Petersen 1936 die von ihm betreute Dissertation "Der SA-Student im Kampf um die Hochschule" von Hans-Joachim Düning mit Geleitworten Meyer-Erlachs und des Gaustudentenführers. Dieses Projekt scheitert an den Realit?ten und am Einspruch der konkurrierenden Gruppe um den SS-Rassenhygieniker und künftigen (1939/45) Rektor Astel, der eine naturwissenschaftlich ausgerichtete "universitas vitae" auf "rassischer Grundlage" anstrebt.

Seit 1934 strebt Petersen einen Lehrauftrag für den altv?lkischen Publizisten und Erwachsenenbildner Theodor Scheffer an der Universit?t Jena an. In seinem Gutachten betont er, Scheffer habe seine Schüler stets auf "das Volkliche im Sinne des neuen Staates" ausgerichtet. Der Reichserziehungsminister lehnt den Lehrauftrag 1936 wegen des hohen Alters Scheffers ab. 1937 revidiert er diese Entscheidung. Auch der Reichsführer SS Himmler spricht sich für eine Anstellung Scheffers an der Jenaer Universit?t aus. Im Wintersemester 1937/38 beginnt Scheffer seine Lehrt?tigkeit mit einem Seminar über "P?dagogische Politik".

W?hrend der Vorbereitung des Fr?beljahres 1940 festigen sich seit 1937/38 Petersens 欧洲杯投注地址_明升体育-竞彩足球比分推荐e zum Kreis um Astel, der zu dieser Zeit die damit verbundene wissenschaftspolitische Korrespondenz im Gau Thüringen bearbeitet. 1940/41 geh?rt Petersen zu dem vom Astel-Vertrauten Stengel v. Rutkowski iniierten "Sprechabend" ausgew?hlter Wissenschaftler der Universit?t, die hier Vortr?ge zu Themen ihres Fachgebietes und zu universit?tspolitischen Fragen halten. In dieser Zeit ver?ffentlicht Petersen seine Aufs?tze "Rassische Geschichtsbetrachtung" und "Es gibt rassische Hochwertigkeit. Sie verpflichtet!", die sich auch biologistischer Argumentationsmuster bedienen und Astels Begriff der "wei?en V?lker" aufgreifen.

W?hrend des Krieges h?lt Petersen zahlreiche Vortr?ge auch an Führerschulen der Deutschen Arbeitsfront, des Reichsarbeitsdienstes und an Adolf-Hitler-Schulen der Reichsjugendführung.

Von M?rz bis Juli 1944 halten 13 namhafte Jenaer Hochschullehrer aller Fakult?ten im Rahmen eines "Sonderauftrages" der SS und des "Kriegsrektors" Astel vor zwangsdeportierten und zeitweise im KZ Buchenwald internierten norwegischen Studenten Vortr?ge über Themen ihrer Fachgebiete. Daran beteiligt sich Petersen mit Vortr?gen über "Erziehungswissenschaft der Gegenwart" (21. M?rz),? Jesuitenerziehung" (11. April) und "Wissenschaft im Dienste des Lebens" (25. April).

Die sozialdemokratisch geleiteten Jenaplan-Schulen in Wittenberge und Finsterwalde werden als "marxistisch und pazifistisch verseucht" geschlossen bzw. umgewandelt, mehrere Lehrer entlassen oder strafversetzt, einer in ein Konzentrationslager verbracht.

Der kommissarische preu?ische Kultusminister und sp?tere NS-Reichserziehungsminister Bernhard Rust und der Parteiideologe und NSDAP-Reichsleiter Alfred Rosenberg lehnen Petersens reformp?dagogischen Ansatz strikt ab. Nach Inspektionen erkl?ren Gutachter des Reichserziehungsministeriums 1935/36 den Jenaplan als ungeeignet für die NS-Schule; das integrative Gruppenmodell widerspreche dem "Führerprinzip".

Petersens h?lt an dem ehrgeizigen Ziel fest, seine Jenaer Wirkungsst?tte zu einem universit?ren "Zentrum" der Erziehungs- und Sozialwissenschaften auszubauen. Auch unter dem NS-Regime versucht er, Reformp?dagogik, Gesamtschulgedanken und universit?re Lehrerausbildung für alle Schulformen in der Ausbildung durchzusetzen. Das führt zu heftigen Konflikten mit dem Leiter des P?dagogischen Instituts Georg Weiss, mit der Berliner Ministerialbürokratie und mit dem Thüringer Ministerpr?sidenten und Volksbildungsminister Fritz Marschler.

Petersen will seine Jenaer Universit?tsschule im neuen System unbedingt erhalten und zugleich von dessen politischen Einflüssen und Ritualen freihalten. Im Mikrokosmos seiner Schule handelt Petersen offenkundig nicht nach den von ihm in diversen NS-Zeitschriften ge?u?erten Gedanken. Nach den Aussagen früherer Jenaplan-Schüler verhindern er und einzelne Lehrkr?fte einen bestimmenden Einfluss der Hitlerjugend auf das Schulleben. Petersen beharrt auf dem Verbleib behinderter Kinder im Unterricht und l?sst die anderenorts verfemte Integrationsp?dagogik an der Universit?tsschule weiter praktizieren.

Petersen lehnt den NS-Begriff "lebensunwertes Leben" für seine Erziehungslehre ab und wendet sich gegen die Absonderung f?rderbedürftiger "Hilfsschüler" von den "Normalschülern". Die von ihm als Dissertation betreute Schrift von Frieda Buchholz "Das brauchbare Hilfsschulkind - ein Normalkind" (1939) steht trotz des irritierenden Begriffs "brauchbares Hilfsschulkind" in Gegensatz zur NS-Ideologie und zur staatlichen Ausgrenzungspolitik.

Bei auf medizinische Behandlung angewiesener schwerer k?rperlich-geistiger Behinderung sucht Petersen die interdisziplin?re Kooperation von P?dagogen, Heilp?dagogen und Medizinern zur F?rderung auch dieser Kinder. Dabei bezieht er die "Trüperschen Anstalten", die Kinderklinik der Universit?t und das Karl-Brauckmann-Institut für taubstumme und schwerh?rige Kinder ein. Jahrelang versucht Petersen vergeblich, eine Heilp?dagogische Abteilung mit Brauckmanns Institut und einer Tagesschule für geh?r- und sprachschwache Kinder Jenas als Kern an seiner Erziehungswissenschaftlichen Anstalt zu institutionalisieren.

Die zahlreichen Konflikte w?hrend der NS-Zeit binden Petersens Arbeitskraft und Energien. Das Scheitern seiner meisten Projekte nimmt er als eine von Intrigen begleitete? pers?nliche "Zurücksetzung" wahr. Er verbittert in zunehmendem Ma?e, sucht aber auch wieder den 欧洲杯投注地址_明升体育-竞彩足球比分推荐 zu seinen akademischen Schülern und den Lehrkr?ften an der Universit?tsschule.

1937 lockert die NSDAP vorübergehend den zuvor verh?ngten Aufnahmestopp. Im Gegensatz zu vielen anderen Kollegen widersteht Petersen der Versuchung, nun der NSDAP beizutreten. Er tritt auch keinen anderen NS-Gliederungen wie? SA oder SS bei. Grob vereinfachend und letztlich nicht beweisbar w?re es, ihn als "Nationalsozialisten ohne Parteibuch" zu bezeichnen.

Trotz ihres verf?nglichen Titels und einzelner positiver Bezüge zum NS-Alltag enth?lt Petersens 1937 ver?ffentlichte "Führungslehre" kein Bekenntnis zum Nationalsozialismus und zur Rassenideologie. Sie hat auch nichts mit dem NS-"Führerprinzip" zu tun. Dieses schulp?dagogische Hauptwerk Petersens w?hrend der NS-Zeit beinhaltet eine auf den p?dagogischen Prozess ausgerichtete Didaktik. Der "Rasse"-Begriff wird hier im Sinne individueller Bildung verwendet. Die Schrift unterscheidet sich deutlich von den Aufs?tzen, die Petersen w?hrend der NS-Zeit in diversen Zeitschriften ver?ffentlicht.

Petersen ist kein Propagandist und Verfechter des m?rderischen Rassenantisemitismus der SS. Er ?rechtfertigt weder intern noch ?ffentlich die Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung der jüdischen Bev?lkerung. Trotz seiner zeitweise engen 欧洲杯投注地址_明升体育-竞彩足球比分推荐e zum Jenaer NS-Rektor Karl Astel und dessen lokalem SS-Umfeld unterh?lt Petersen keine Verbindungen zur SS-Führung unter Heinrich Himmler. Schon gar nicht handelt er in dessen direktem Auftrag, auch nicht w?hrend seiner Vortr?ge im KZ Buchenwald. Es gibt keine Anhaltspunkte, eine "Allianz Petersens und Himmlers" zu behaupten.

Wenn Petersen Kinder politisch und/oder aus "rassischen Gründen" verfolgter Eltern in seine Universit?tsschule aufnimmt und Lehrkr?fte wie die wegen ihres bekenntnistreuen Glaubens und ihres ?ffentlichen Eintretens für Jenaer Juden von der Gestapo observierte Vikarin Gertrud Sch?fer anstellt, schafft er in der Wahrnehmung Bedr?ngter und Verunglimpfter einen "Schutzraum" im Kleinen.

W?hrend der Festwoche aus Anlass des 100. Geburtstages der Universit?tsschule und des P?dagogischen Seminars referiert Petersen am 9. Dezember 1944 über ausgew?hlte "Tatchristen" unter den P?dagogen der Vergangenheit. Diese h?tten "sich mit ihrem Werk mitten in und unter ihr Volk" gestellt. Denn sie "wollten m?glichst den ?rmsten der Armen dienen, dem Gedrückten, denen, die es im Lebenskampf am schwersten hatten und es immer haben werden." Es gehe künftig darum, unter den Schülern wieder "soziale Gefühle" zu entwickeln. Man kann dies als sein Konzept für die absehbare Zeit nach dem Kriege und dem Ende des NS-Regimes deuten.